Information zur Veranstaltung

4.-7. März 2020

Leitung: Violetta L. Waibel, Universität Wien und Martin Vöhler, Berlin und Thessaloniki

Mit freundlicher Unterstützung von: A und A-Kulturstiftung, Ernst-von-Siemens Musikstiftung, Fritz Thyssen Stiftung, Verein Philosophie und Kunst im Dialog

 

Kleiner Festsaal der Universität Wien (Vorträge)

Großer Festsaal der Universität Wien (Abendprogramm)

Universitätsring 1
1010 Wien

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Die Freiheit, aufzubrechen, wie Hölderlin verschiedentlich dichtet, ist ein Schlüssel für die Kultur der Zeit. Diese Worte bilden bei aller Verschiedenheit der späteren Wege ein gedankliches Band zwischen dem Dichter Hölderlin und seinem gleichaltrigen Studienkollegen, langjährigen Gesprächspartner, Freund und Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Diese Worte lassen sich jedoch auch mit Fug und Recht auf den im gleichen Jahr geborenen Komponisten Ludwig van Beethoven projizieren. Aus heutiger Sicht ist es fast überraschend, dass Beethoven nicht eine einzige Dichtung Hölderlins zur Grundlage seiner Kompositionen gemacht hat, auch wenn sich für diesen Umstand Gründe nennen lassen. Die Freiheitsemphase Beethovens ist unübersehbar, seine Affinität zu Friedrich Schiller ist bekannt. Friedrich Schiller ist einer der wichtigen Vertreter der Zeit, auf den sich alle drei Jubilare ausdrücklich beziehen, der mithin das Band der Verwandtschaft im Geist garantiert.

Eine direkte Begegnung von Hölderlin mit Hegel oder Beethoven ist nicht belegt. Um so erstaunlicher ist, dass in Hegels Nachlass die Partitur von Ludwig van Beethovens Sechs Variationen (G-dur) über das Duett „Nel cor più non mi sento“ aus der Oper „L’amor contrastato ossia La Molinara“ von Giovanni Pasiello für Klavier (WoO 70) (1995) verzeichnet ist. Und ebenso erstaunlich ist, dass von Hölderlin berichtet wird: „Ein einfaches Thema, wie z. B. die Melodie ‚Mich fliehen alle Freuden‘, variierte er unermüdlich, seine Hand fiel gewöhnlich mit einer matten Bewegung auf die Tasten, dazwischen aber zuckte er hie und da krampfhaft auf und sah dann wieder mit einer seltsamen Mischung von Freundlichkeit und Fremde die Zuhörer an.“ (Christoph Theodor Schwab, Hölderlins Leben, nach der Ausgabe letzter Hand von 1874 herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Werner Schauer. München 2003, 74). „Mich fliehen alle Freuden“ ist eben die Arie, deren Beethoven-Variationen in Hegels Nachlass verzeichnet sind. Das ist gewiss nur ein kleiner Anhalt, der den Dichter, den Philosophen und den Komponisten in ihrer Zeitkonstellation auch tatsächlich verbindet.

 

Reizvoll ist es gleichwohl, die Freiheitsemphase dieser Zeit im Ausgang dieser drei bis heute präsenten und in je eigener Weise hochbedeutenden Werke in interdisziplinären Gesprächen einer Tagung zu thematisieren, zumal im Horizont der Verwerfungen unserer heutigen Zeit ein Blick zurück in das große Vertrauen in Freiheit, Aufbruch, Selbstbestimmtheit als eine Stimulierung für eine neuerliche Resonanz im Heute wünschenswert erscheint. Es ist nicht das erste Mal, dass diesen drei berühmten Männern dieses Geburtsjahrganges gemeinsam durch Veranstaltungen Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die geplante Veranstaltung möchte jedoch in besonderer Weise die Inter- und Transdisziplinarität in den Vordergrund stellen, die den Werken je schon eigen ist.

 

Der Dichter Hölderlin war nicht nur ein hervorragender Flötist, von seiner Dichtung sagen Literaturkenner wie Komponisten, sie sei schon Musik. Während sich die klassisch romantische Tradition eher zurückhielt mit Vertonungen der Lyrik Hölderlins, hat die Neue Musik des 20. und 21. Jahrhunderts Hölderlin zu einem der ihren gemacht. Das erste große zur Veröffentlichung gelangte Werk des Philosophen Hegel lässt sich mit Fug und Recht so sehr als Philosophie begreifen als es als eine besondere Form eines performativ dem Leser zugewandten Entwicklungsromans gelten darf; gemeint ist die 1807 erschienene Phänomenologie des Geistes. Hegel nahm schon in Frankfurt, dann aber auch in Berlin und auf Kulturreisen, u.a. nach Wien, Prag oder Paris, am öffentlichen kulturellen Leben der jeweiligen Stadt teil, besuchte nachweislich Opern, Theaterstücke, aber auch Gemäldesammlungen, was sich in seiner Ästhetik manifestiert. Beethovens tiefe innere Anteilnahme an der Literatur dokumentiert sich in seinem Lied- und Opernschaffen. Eine ausdrückliche Beschäftigung mit Philosophie ist nur wenig belegt, seine Begeisterung für Freiheit, einer zentralen Idee der Philosophie, ist in seinem Werk offenkundig.